Pädiatrie up2date 2015; 10(01): 15-36
DOI: 10.1055/s-0034-1390803
Neuropädiatrie/Psychiatrie
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Neurogene Blasenfunktionsstörungen

Rolf Beetz
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Publication Date:
02 March 2015 (online)

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Fazit

Die Konzepte in der nephrologisch-urologischen Betreuung von Säuglingen und Kindern mit Spina bifida haben sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Im Zentrum steht heute ein proaktives, präventives, diagnostisches und therapeutisches Vorgehen, das vom Neugeborenenalter an die Unversehrtheit des Nierenparenchyms zum Ziel hat. Als unverzichtbarer Bestandteil der Primärdiagnostik und der Verlaufskontrollen dient dabei die urodynamische Beurteilung der Blasenfunktion. Der intermittierende Einmalkatheterismus mit oder ohne antimuskarinerge Medikation ist heute die Basis konservativer Therapiestrategien vom Neugeborenenalter an. Daneben kommt dem Darmmanagement besondere Bedeutung zu. Eine antibakterielle Infektionsprophylaxe ist nicht obligatorisch und lediglich Kindern mit erkennbaren Risikofaktoren für die Entwicklung pyelonephritischer Narben vorbehalten. In den meisten Fällen lässt sich durch die beschriebenen konservativen Maßnahmen ein Schutz der oberen Harnwege und eine befriedigende Kontinenz im späteren Kindes- und Jugendalter erreichen.

Bei unzureichendem Erfolg der konservativen Therapie sind u. U. operative Maßnahmen zur Erweiterung der Blasenkapazität und intravesikalen Druckminderung (z. B. Blasenaugmentation) zur Herstellung eines Blasenverschlussmechanismus indiziert. Der Erleichterung des IK können Harnableitungsverfahren mit kontinentem Stoma (z. B. Mitrofanoff-Stoma, Monti-Stoma) dienen.

Bei der Langzeitbetreuung sind aufgrund der entwicklungsbedingten Variabilität der Blasenfunktionsstörung vor allem im Säuglings- und Jugendalter engmaschige Verlaufskontrollen sinnvoll, um Änderungen des Störungsmusters nicht zu übersehen. Eine sensible Phase stellt die Transition von der Kinder- und Jugendheilkunde in die Erwachsenenmedizin dar. Hier können Selbstständigkeitstrainings und die Spezialisierung von sozialpädiatrischen oder interdisziplinären Zentren auf erwachsene MMC-Patienten zur günstigen Langzeitprognose beitragen.